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Düsseldorf, Mär 30, 2021
Christopher Riedel

Erbschaft und Vermögensnachfolge: Das ist wirklich wichtig

Das Vermögen der Deutschen wächst. Das Geldvermögen der privaten Haushalte in Form von Bargeld, Wertpapieren, Bankeinlagen sowie Ansprüchen gegenüber Versicherungen kletterte im dritten Quartal 2020 im Vergleich zum zweiten Vierteljahr um 108 Milliarden Euro oder 1,6 Prozent auf den Rekordwert von 6738 Milliarden Euro, wie die Deutsche Bundesbank errechnet hat. Damit steigen die Vermögenswerte der deutschen Haushalte weiter und kontinuierlich. Ob Nachwirkungen der Corona-Krise dieses Wachstum in Zukunft aufhalten oder abschwächen können, kann nicht prognostiziert werden. 

Klar ist aber, dass durch den Vermögenszuwachs auch die Erbschaften weiter ansteigen. Zwischen 200 und 400 Milliarden Euro werden derzeit jedes Jahr in Deutschland laut Schätzungen vererbt. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge beispielsweise hat errechnet, dass in den zehn Jahren von 2015 bis 2024 insgesamt 3067 Milliarden Euro vererbt werden. Dazu gehören vor allem Vermögenswerte wie Bargeld, Bankguthaben, Wertpapiere und Immobilien, aber auch Sachvermögen, vom Kaffeeservice bis zur Goldkette. Das führt zu großen Herausforderungen bei der Planung der privaten Vermögensnachfolge!

Erbschaft: „Steuerbombe“ ist eine erhebliche finanzielle Gefahr

Während bei der Unternehmensnachfolge oftmals mit weitem Blick in die Zukunft Regelungen gesucht werden, das Vermögen zu schützen und die Übertragung rechtlich, steuerlich und strategisch bestmöglich zu strukturieren, ist das bei der privaten Vermögensnachfolge oftmals nicht der Fall. Die Komplexität der Erbmasse wird unterschätzt, das Testament – sofern überhaupt eines vorhanden ist – gibt Rätsel auf und führt zu Streitigkeiten, und schließlich kommt es auch noch zu einer „Steuerbombe“, weil die steuerlichen Freibeträge weit überschritten worden sind. Kurzum: Die Risiken, das aufgebaute Privatvermögen durch eine unzureichende oder sogar fehlende Planung zu beschädigen, sind sehr groß.

Vor allem die „Steuerbombe“ ist eine erhebliche finanzielle Gefahr, gerade bei Erbschaften mit großem Immobilienbezug. Nehmen wir an, ein Immobilienportfolio ist drei Millionen Euro wert. Das ist bei mehreren Mehrfamilienhäusern oder Geschäftsimmobilien an guten Lagen leicht möglich. Jetzt erbt ein Einzelkind diese Vermögenswerte. Abzüglich des persönlichen Freibetrags verbleibt ein zu versteuernder Erwerb von 2,6 Millionen Euro. Daraus resultiert eine Steuerlast für den Erben in Höhe von knapp 500.000 Euro, die er unmittelbar aufbringen muss. Schließlich zahlt das Kind Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I und damit zwischen sieben und 30 Prozent Steuer auf den Erwerb, je nach Größenordnung. Bei einer Erbschaft zwischen 600.001 und sechs Millionen Euro beispielsweise werden 19 Prozent Steuer fällig.

Private Vermögensnachfolge erfordert eine saubere Planung

Das kann schnell dazu führen, dass eine Immobilie veräußert werden muss. Nur die wenigsten haben die finanziellen Mittel, um die Forderungen der Finanzverwaltung nach Festsetzung der Erbschaftsteuer innerhalb der kurzen Frist in bar aufzubringen. Mit Vermögensschutz hat dies natürlich nicht zu tun. Vielmehr steht ein deutlicher finanzieller Abfluss im Raum und damit eben auch der Notverkauf einer Immobilie. Dass dies nur in den seltensten Fällen aufgrund der notwendigen hohen Geschwindigkeit zu einem attraktiven Preis geschehen wird, versteht sich ohnehin von selbst.

Was also tun? Die private Vermögensnachfolge erfordert eine saubere Planung und Gestaltung mit langfristigem Charakter. Im Fokus steht, das Vermögen für die nächste Generation vor einer Zersplitterung zu bewahren. eine professionelle Schenkungsstrategie zu entwickeln und das Vermögen nach und nach unter Ausnutzung der gesetzlichen Freibeträge zu übertragen. Diese können alle zehn Jahre in Anspruch genommen werden. Dann lassen sich größere Vermögen unter Umständen so verteilen, dass im Erbfall kaum oder sogar keine Steuern fällig werden.

Erbschaftsteuer: Durch Gestaltung steuerliche Vorteile schaffen

Konkret bedeutet das, dass der Ehegatte einen persönlichen Freibetrag von 500.000 Euro, das Kind von 400.000 Euro und der Enkel von 200.000 Euro geltend machen kann. Je weiter entfernt das Verwandtschaftsverhältnis, desto niedriger werden die Freibeträge. Der Erbschaftfreibetrag für einen Bruder oder eine Schwester liegt übrigens trotz der großen familiären Nähe nur bei 20.000 Euro.

Diese Freibeträge schaffen großen Spielraum in der Gestaltung der privaten Vermögensnachfolge. Das beispielhafte Immobilienportfolio von drei Millionen Euro kann dadurch gestaffelt so weitergegeben werden (an Ehegatte und Kind), dass nach zweimaliger Ausnutzung der Schenkungfreibeträge später nur 1,2 Millionen Euro vererbt werden. Nach dem nochmaligen Abzug des Erbschaftsteuerfreibetrags unterfallen 800.000 Euro der Erbschaftsteuer beim Einzelerben. Daraus resultiert eine steuerliche Belastung von 152.000 Euro. Das Rechenbeispiel zeigt: Je früher die Planung greift, desto mehr steuerliche Vorteile lassen sich generieren.

Testament: Viele haben keines

Wichtig ist die Gestaltung eines rechtlich und strategisch abgesicherten Testaments. Das juristisch einwandfreie Testament, das die Vorstellungen, Ziele und Wünsche des Erblassers beziehungsweise der Erblasser eindeutig formuliert, ist ein wichtiges Instrument für jede Familie und sollte nicht erst irgendwann und schon gar nicht zwischen Tür und Angel gestaltet werden. Je früher dies aufgesetzt wird, desto größer ist natürlich auch die Absicherung im plötzlichen Erbfall, der beispielsweise durch Unfall oder Krankheit jederzeit auftreten kann.

Dazu ein paar Zahlen: Angeblich sind zwei Drittel der Deutschen der Meinung, sie sollten für den Fall ihres Todes Vorsorge treffen und ein Testament machen. Aber nur in ca. 20 Prozent der Erbfälle ist tatsächlich ein Testament vorhanden – und Experten schätzen, dass nur drei Prozent aller Erbfälle (auch steuerlich) sinnvoll geregelt sind.

Um zunächst den überlebenden Ehegatten abzusichern, empfiehlt sich in vielen Fällen das Berliner Testament, also die gegenseitige Erbeinsetzung. Nach den Grundsätzen des Berliner Testaments ordnen die Ehegatten in ihrem gemeinschaftlichen Testament an, dass nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehegatten der Überlebende Alleinerbe wird und erst nach dessen Ableben (zweiter Erbfall) das dann noch vorhandene Vermögen an die (üblicherweise gemeinsamen) Kinder fallen soll. 

Berliner Testament: gegenseitige Erbeinsetzung

Damit nehmen Erblasser im ersten Schritt zwar steuerliche Nachteile in Kauf. Sie verschenken die Erbschaftsteuerfreibeträge der Kinder, und durch die Vermögenskonzentration beim überlebenden Ehegatten erhöht sich die Steuerprogression bei dessen Erbfall. Aber die steuerlichen Nachteile können durch besondere Gestaltungen des Berliner Testaments umgangen werden. So kann es sich beispielsweise anbieten, zu Gunsten der Kinder bereits nach dem ersten Erbfall, also aus dem Vermögen des zuerst versterbenden Elternteils, letztwillige Zuwendungen anzuordnen, um auf diese Weise die Gesamtsteuerbelastung der Familie wirksam zu reduzieren. Das kann durch die Anordnung von Vermächtnissen (also schuldrechtlichen Leistungsansprüchen), mit denen der überlebende Ehegatte als Alleinerbe beschwert wird, erreicht werden. Mit einem Vermächtnis nimmt der Erblasser einen Teil aus dem Nachlass heraus, den ein Mensch bekommen soll, ohne ihn als Erben einzusetzen (§ 1939 BGB). Der Vermächtnisnehmer wird nicht automatisch mit dem Erbfall Eigentümer, er kann nur das Vermachte von den Erben verlangen.

In steuerlicher Hinsicht ergibt sich daraus ein in doppelter Hinsicht positiver Effekt: Zum einen werden durch die Vermächtnisse die erbschaftsteuerlichen Freibeträge nach dem erstversterbenden Elternteil (ganz oder teilweise) ausgenutzt. Zum anderen wird gleichzeitig das auf den überlebenden Ehegatten übergehende Nachlassvermögen reduziert, sodass das bei seinem Tod an die Kinder zu vererbende Vermögen ebenfalls entsprechend geringer ausfällt, mit der Folge dass sich gegebenenfalls auch im zweiten Erbfall ein Steuervorteil ergibt.

Individuelle Testamentsgestaltung: Welcher Erbe soll welche Vermögenswerte erhalten?

Ist zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung der bei Eintritt des Erbfalls tatsächlich vorhandene Umfang des Vermögens nicht sicher absehbar, können die Vermächtnisanordnungen so gestaltet werden, dass der überlebende Ehegatte nach dem Tod des zuerst versterbenden Partners noch Einfluss auf die genaue Höhe der Vermächtnisse, den Leistungszeitpunkt und weitere Modalitäten nehmen kann (sogenanntes Supervermächtnis).

Neben dem Berliner Testament besteht natürlich die Möglichkeit, ganz individuelle Regelungen für die Vermögensnachfolge zu finden und auch allerkleinste Details minutiös zu definieren, welcher Erbe welche Vermögenswerte unter welchen Bedingungen erhalten soll. 

Wichtig ist in jedem Fall, dass dem Testament ein sinnvolles Konzept zugrunde liegt, und zwar sowohl in familiärer und wirtschaftlicher Hinsicht als auch unter zivil- und steuerrechtlichen Gesichtspunkten.

Pflichtteil steht gesetzlichen Erben zu

Dabei sollte auch der Pflichtteil bedacht werden. Das ist eine verfassungsrechtlich garantierte wirtschaftliche Mindestteilhabe der nächsten Angehörigen am Vermögen eines Erblassers. Nächste Angehörige in diesem Sinne sind die Abkömmlinge (Kinder, Enkel etc.) sowie der überlebende Ehegatte/gleichgeschlechtliche Lebenspartner und, soweit keine Abkömmlinge vorhanden sind, auch die Eltern. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils und hängt von der Erbquote sowie weiteren Parametern ab. Die Höhe ist dementsprechend von Fall zu Fall unterschiedlich und muss jeweils individuell errechnet werden. Der Pflichtteil ist grundsätzlich ein Geldanspruch. 

Das bedeutet: Jemanden einfach so zu enterben, wie man das aus Filmen kennt, funktioniert nicht. Schließlich regelt das deutsche Erbrecht eindeutig, welche Personen pflichtteilsberechtigt sind. Den Pflichtteil bekommt jeder Abkömmling des Erblassers, der laut Testament von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Es gilt also für Vermögensinhaber und deren Familie lebzeitige Gestaltungen zur Reduzierung künftiger Pflichtteilsrisiken zu entwickeln und umzusetzen.

Als Rechtsanwalt und Steuerberater für Vermögensnachfolge in Düsseldorf berät und vertritt Dr. Christopher Riedel seine Mandanten in allen zivil- und steuerrechtlichen Fragen rund um die Themen Erben und Schenken.

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