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Düsseldorf, Mär 1, 2016
Christopher Riedel

Erbschaftsteuer: Planung ist das Gebot der Stunde

Das Dickicht in der Debatte um die Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer lichtet sich, die Regierungskoalition steht kurz vor einer Einigung. Neue Steuervergünstigungen wird es nicht geben, aber der bislang bestehende Gestaltungsspielraum für Unternehmen wird auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Davon profitieren vor allem Familienunternehmen. Gemeinsam mit dem versierten Berater lassen sich zukunftsgerichtete Planungen ergreifen.

Auch wenn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht einmal 15 Monate zurückliegt. Die Debatte um die Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes zieht sich gefühlt bereits eine Ewigkeit hin. Zumal der Gesetzgeber nur noch ein Zeitfenster bis zum 30. Juni hat, um eine neue, verfassungskonforme Regelung umzusetzen.

Wir erinnern uns: Kurz vor Weihnachten 2014 hatten die Karlsruher Richter Teile des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes für verfassungswidrig erklärt. Die Bevorzugung des Betriebsvermögens bei der Erbschaftsteuer sei zwar im Grunde nicht zu beanstanden, aber in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nicht in jeder Hinsicht mit der Verfassung vereinbar, hieß es. Bislang wurde die Übertragung von Unternehmensvermögen insofern begünstigt, als dass entweder 85 Prozent oder 100 Prozent des Vermögens erbschaftsteuerfrei übertragbar sind; je nachdem, ob eine fünf- oder siebenjährige Haltefrist am Unternehmen seitens des Erben oder des Beschenkten eingehalten wird und abhängig davon, in welchem Maße das Unternehmen über nicht produktives, sogenanntes Verwaltungsvermögen, verfügt. Diese Begünstigungen von Unternehmensübertragungen seien unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgriffen, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Ebenfalls unverhältnismäßig seien die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 Prozent. Zudem ließen die §§ 13a und 13b ErbStG Gestaltungen zu, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führten – das konterkariere die Verfassungsmäßigkeit. 

Klare Linie scheint gefunden

Seitdem wird heiß über eine verfassungskonforme Gesetzgebung diskutiert. Nach zunächst an den Tag gelegtem Aktionismus hat den Protagonisten dennoch lange Zeit eine klare Linie gefehlt, sodass vielfältige Szenarien im Raum standen. Noch im Sommer wurde eine durchaus restriktive Regelung mit niedrigen Freibeträgen und der Heranziehung des Privatvermögens diskutiert, im Herbst kamen dann Ideen zu Niedrigtarif- beziehungsweise sogenannten Flat-Tax-Modellen auf. Auf den Punkt gebracht wurde dies von einigen Beteiligten (aus den Regierungsfraktionen): „Ziel ist ein einheitlicher Steuersatz für die Vererbung von Privatvermögen und Unternehmensvermögen mit möglichst wenigen Ausnahmen“, so hieß es in einem der kursierenden Eckpunkte-Papiere.

Aber jetzt scheint die so lange vermisste klare Linie zumindest im Grundsatz gefunden worden zu sein. Auf Basis der letzten Positionspapiere aus den Regierungsfraktionen ist ein Konsensmodell entstanden, das, trotz einiger Zugeständnisse, sowohl die jeweiligen Befindlichkeiten der Parteien bedient als auch grundsätzlich vorteilhaft für die Wirtschaft und gerade für Familienunternehmen sein soll.

Zwar bleibt es, wie im ursprünglichen Regierungsentwurf vorgesehen, bei der Bedürfnisprüfung ab einem Schwellenwert von 26 Millionen Euro pro Erbe/Beschenkten und pro Übertragung. Bei Überschreitung dieser Grenze soll die Hälfte des Privatvermögens zur Begleichung der Steuer herangezogen werden. Neu ist aber, dass Familienunternehmen einen Bewertungsabschlag von bis zu 30 Prozent auf das begünstigte Vermögen erhalten sollen, wenn ihre Gesellschafter bestimmten gesellschaftsvertraglichen Restriktionen unterliegen. Das reduziert das zu versteuernde Vermögen spürbar. Der Abschlag soll insbesondere davon abhängen, wie die Abfindung eines Gesellschafters im Falle seines Ausscheidens aus der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag geregelt ist. Ein Beispiel: Liegt etwa die Abfindung 20 Prozent unter dem Verkehrswert, beträgt der Abschlag ebenfalls 20 Prozent. Maximal ist ein Abschlag von 30 Prozent möglich. Indes: Für börsennotierte Familienunternehmen gilt der Abschlag generell nicht. Denn hier sind derartige gesellschaftsvertragliche Beschränkungen regelmäßig nicht anzutreffen.

Apropos Betriebsvermögen: Auch dabei kommt der Gesetzgeber den Unternehmen entgegen. Die Koalition plant eine Bagatellgrenze für das Verwaltungsvermögen in Höhe von zehn Prozent des begünstigten Vermögens. Insoweit soll also Verwaltungsvermögen für die Verschonungen unschädlich sein. Im Übrigen gehören zum typischen Verwaltungsvermögen – nach wie vor –  vermietete Grundstücke, Bargeld und Kapitalgesellschaftsbeteiligungen bis zu 25 Prozent. Zukünftig sollen aber Grundstücke, deren Vermietung „dem Absatz eigener Produkte“ dient, begünstigt werden (zum Beispiel von Brauereien vermietete Gaststätten oder auch Tankstellen-Grundstücke).

Durch eine sogenannte Investitionsklausel will der Gesetzgeber überdies ermöglichen, Verwaltungsvermögen zu begünstigtem Betriebsvermögen umzuwidmen, was sich dann entsprechend steuerschonend auswirken kann. Dies soll zwar nur für den Erbfall gelten, Erben aber dazu befähigen, beispielsweise Barmittel zu nutzen, um damit Investitionen zu finanzieren. Allerdings soll das nur innerhalb eines Jahres nach dem Todesfall möglich sein, und auch nur dann, wenn ein entsprechender Investitionsplan bereits vor dem Tod des Erblassers aufgestellt war.

Übertragung von Unternehmen nicht gefährdet

Auch wenn eine generelle, beinahe umfassende Steuerverschonung bei der Übertragung von Betriebsvermögen in der neuen Gesetzgebung nicht vorgesehen ist: Die Übertragung von Unternehmen ist in den allermeisten Fällen nicht gefährdet. In einer zukunftsgerichteten Nachfolgeplanung ist die Besteuerung oft das Tüpfelchen auf dem I, und gerade bei komplexeren Vermögen werden immer noch optimierte steuerliche Gestaltungen möglich sein. Es kommt jedoch darauf an, mit strategischem Weitblick an die Sache heranzugehen und genau zu planen, welche Form der Übertragung zu welchem Zeitpunkt gewählt wird. Aufgrund der Schwellenwerte je Übertragung und alle zehn Jahre zu nutzenden Freibeträge im Privatvermögen lassen sich Schenkungen sinnvoll realisieren, um eine spätere „Bombe“ bei der Erbschaftsteuer zu vermeiden. Lebzeitige Übertragungen führen im Übrigen auch dazu, die nächste Generation frühzeitig an unternehmerische Verantwortung heranzuführen – das kann zu einem echten Mehrwert für Vermögen, Familie und Unternehmen führen.

Gleichzeitig gilt aber auch: Wer bereits ein übergabefähiges Unternehmen und ein schlüssiges Nachfolgekonzept hat, sollte die noch verbleibenden Monate bis Ende Juni durchaus nutzen, um sich die bisher gültigen Steuervorteile und eine einfachere Planbarkeit der steuerlichen Folgen zu sichern. Dies hat das Verfassungsgericht explizit ermöglicht und nur hinsichtlich einer „exzessiven Ausnutzung“ der als gleichheitswidrig beurteilten Regelungen dem Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, diese durch rückwirkende Gesetzesänderungen zunichte zu machen. Aber selbst das wird nach dem aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens nicht geschehen.

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